Geothermie in Schwerin – ein Meilenstein der Wärmewende

Deutschlandweit erste mitteltiefe Geothermie-Anlage mit Wärmepumpen in Betrieb

Schwerin, d. 28.4.2023

 

Die Stadtwerke Schwerin haben am 28.4.2023 die neue Geothermie-Anlage in Schwerin-Lankow offiziell in Betrieb genommen. Gemeinsam mit Bundeskanzler Olaf Scholz setzten Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier und Geschäftsführer Dr. Josef Wolf die Förderung des 56°C warmen Thermalwassers per Knopfdruck in Gang. Bundeskanzler Scholz betonte die Bedeutung der neuen Anlage am Geothermie-Modellstandort: „Dieser Ausflug in die Tiefe der Erde ist ein Projekt, das in die Zukunft weist: Anders als Wind oder Sonne steht Geothermie rund um die Uhr zur Verfügung, im Sommer wie im Winter, an 365 Tagen im Jahr. Und deshalb machen uns Projekte wie dieses hier nicht nur unabhängiger von den volatilen Gaspreisen, von der geopolitischen Großlage und von Marktschwankungen bei der fossilen Energie. Sie können die Grundlast auch an sonnen- oder wind-armen Tagen sichern – und sind so eine perfekte Ergänzung zur Windenergie.“

Die neue Geothermie-Anlage nutzt ein Reservoir der Mitteltiefen Geothermie in 1.250 m Tiefe. Für die Erkundung der etwa 205 Mio. Jahre alten Flussablagerungen wurden an der Universität Göttingen entscheidende Grundlagen geschaffen, die Erschließung wurde im laufenden FuE-Verbundvorhaben mesoTherm begleitet. Im Vergleich zur Tiefen Geothermie hat die Mitteltiefe Geothermie den Vorteil niedrigerer Bohrkosten bei deutlich höherer Produktivität. Da die niedrigere Temperatur des Reservoirs in Schwerin durch Einsatz von Großwärmepumpen kompensiert werden kann, gelten die Reservoire der Mitteltiefen Geothermie als das Optimum hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit. „Durch die Kombination Mitteltiefer Geothermie mit einem innovativen Anlagenkonzept hat die Schweriner Geothermie-Anlage Pilotcharakter für die Wärmewende in Norddeutschland.“ sagt Dr. Matthias Franz aus der Abteilung Angewandte Geologie der Universität Göttingen.

Für die Stadtwerke Schwerin ist die neue Geothermie-Anlage, die mit einer Nennleistung von ca. 7,5 MW etwa 2.000 Haushalte versorgt, erst der Anfang. Als wichtigen Baustein für die weitgehende Dekarbonisierung der Wärmeversorgung in der Landeshaupt-stadt haben sich die Stadtwerke den Ausbau der Mitteltiefen Geothermie zum Ziel gesetzt. Um den Anteil geothermisch erzeugter Energie von nun 15 % auf 65 % im Jahr 2038 zu steigern ist ein nachhaltiges Erschließungs- und Bewirtschaftungskonzept der hydro-thermalen Lagerstätte notwendig. Ein solches Konzept wird in einem gemeinsamen FuE-Verbundvorhaben unter Federführung der Universität Göttingen geschaffen, das noch in diesem Jahr beginnen wird.


Sandsteinfazies – ein Beitrag zur Wärmewende in Norddeutschland

Unter Sandsteinfazies.de firmiert seit dem Jahr 2011 eine Arbeitsgruppe von Geologen und Geophysikern aus Wissenschaft und Industrie, die das Ziel verfolgen, das Erkundungsrisiko hydrothermaler Sandsteinreservoire für die geothermische Wärmeversorgung zu minimieren. Zu diesem Zweck wurde der Erkundungsansatz Sandsteinfazies entwickelt, der im Rahmen verschiedener FuE-Verbundvorhaben auf die mesozoischen Hauptreservoire des Norddeutschen Beckens angewendet wurde. Der Erkundungsansatz Sandsteinfazies ermöglicht erheblich verbesserte Reservoirprognosen, durch die in den kommenden Jahren neue Standorte für die kommunale Wärmeversorgungen in Nord-deutschland erschlossen werden können. Die grundsätzliche Machbarkeit wurde in den Jahren 2018 bis 2021 mit der Erschließung eines Reservoirs im Untergrund der Stadt Schwerin bewiesen!

 

Das aktuelle Verbundvorhaben mesoTherm wird im Zeitraum 1.4.2020 bis 31.3.2024 durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert.

Die fündige Bohrung Gt Schwerin 6/17, Foto: K. Obst (LUNG).
Die fündige Bohrung Gt Schwerin 6/17, Foto: K. Obst (LUNG).